Burgwald-Moore

Moore im Burgwald – eher schön als schaurig

aus der Serie „Natur vor der Haustür“. Texte & Bilder (c) Lothar Feisel

Moosbeerenblüte

Der Burgwald gilt mit einer Ausdehnung von rund 20.000 ha als eines der größten Waldgebiete in Hessen. Vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) wird er zu den nur ca. 12% der Fläche Deutschlands gezählt, welche als „besonders schutzwürdig“ eingestuft wird.

Die größte naturschutzfachliche Bedeutsamkeit erlangt der Burgwald durch seine kleinen und größeren Moorflächen, die sich in den Muldenlagen des zentralen Burgwalds und den netzartig den Wald durchziehenden Tälern entwickeln. Für die hier vorkommenden Tier- und Pflanzenarten besitzt der Burgwald über unser Bundesland hinaus eine hohe Bedeutung.

Moore können sich in der Landschaft dort entwickeln, wo neben relativ niedrigen Durchschnittstemperaturen ein dauerhafter Überschuss an Wasser besteht. Günstige Voraussetzungen bieten staunasse Senken und wasserdurchflossene Talgründe, aber auch Quellaustritte. Durch abgestorbene Pflanzenreste, die im wassergesättigten Boden unter Sauerstoffabschluss nicht vollständig abgebaut werden können, entwickelt sich im Laufe der Zeit Torf. Während die obere Pflanzendecke weiter wächst, kann das Moor durch die sich darunter weiter ansammelnden Pflanzenreste schließlich an Höhe zunehmen und eigene Böden bilden. Man geht bei dem Wachstum von Moor-, bzw. Torfböden von einer jährlichen Zunahme von 1mm Höhe aus. Im Burgwald wurden Torfmächtigkeiten von über 2m gemessen, das Alter unserer Moore liegt demnach bei über 2000 Jahren.

Wasserschlauch

Je nach Wasserhaushalt unterteilt man Moorflächen in unterschiedliche Moortypen. Dort wo die Vegetation Kontakt zum Grund- oder Oberflächenwasser besitzt, entstehen zunächst so genannte „Niedermoore“. Wächst die Torfschicht auf solchen Flächen weiter an, können die Pflanzen den Kontakt zur ursprünglichen Wasserversorgung verlieren und werden dann nur noch durch nährstoffarmes Regenwasser gespeist. Hier spricht man dann von einem „Hochmoor“.

Im Burgwald findet man vorwiegend die zwischen diesen beiden Moortypen vermittelnden „Übergangs- oder Zwischenmoore“, welche die Merkmale und Vertreter der typischen Flora und Fauna beider Lebensräume aufweisen können. Im Regenschatten des Rheinischen Schiefergebirges gelegen, weist der Burgwald eine eher geringe Niederschlagsmenge auf, so dass in unserer Mittelgebirgslage das Vorkommen von Mooren als außergewöhnlich bezeichnet werden kann.

Die wichtigsten Moorbildner sind die Torfmoose, kleine unscheinbare Pflanzen mit erstaunlichen Eigenschaften. Im Burgwald wurden bereits 24 verschiedene Torfmoosarten festgestellt, darunter zahlreiche stark gefährdete Arten. Sie verwerten die wenigen im Regenwasser gelösten Nährstoffe mittels Ionenaustausch und säuern durch die Abgabe von Wasserstoffionen dabei die Umgebung an. Das Wachstum von mit den Torfmoosen konkurrierenden Pflanzen wird so gehemmt. Durch Wasserspeicherzellen und Kapillareffekte kann Torfmoos enorme Mengen an Wasser speichern, bei bestimmten Arten reicht dies bis zum 25-fachen ihres Trockengewichtes. Intakte Moore besitzen somit eine große Rolle als Wasserreservoire und mindern durch ihren Schwamm-ähnlichen Charakter bei starken Niederschlägen die Hochwassergefahr tiefer liegender Gebiete.

Rundblättriger Sonnentau

Eine weitere wichtige Eigenschaft intakter Moore liegt in ihrem positiven Beitrag zum Klimaschutz. Durch die Konservierung von abgestorbenem Pflanzenmaterial wird klimawirksames Kohlendioxid dauerhaft gebunden. Intakte Moore können gegenüber Wald die 6-fache Menge an CO2 binden (LfU Bayern). Bei der Entwässerung und dem Abbau von Torfflächen wird das CO2 jedoch in großen Mengen freigesetzt und entfaltet seine klimaschädigende Wirkung.

Die in Moorbereichen lebenden Tier- und Pflanzenarten sind häufig wahre Spezialisten, müssen sie doch an z. T. extreme Standortbedingungen angepasst sein. Neben der herrschende Mineralstoffarmut, dem sauren Milieu und dem Fehlen von Bodensauerstoff müssen die Moorbewohner mit schwierigen klimatischen Bedingungen zurecht kommen. So sammelt sich in den gegenüber der Umgebung meist niedriger liegenden Moorbereichen kühlere Luft und durch die hohe Verdunstungsrate der wassergesättigten Vegetation wird zusätzlich Kälte „abgegeben“. Selbst im Hochsommer muss z. B. daher in den Franzosenwiesen mit Nachtfrösten gerechnet werden.

Im nährstoffarmen Moor bessern seltene fleischfressende Pflanzen wie Sonnentau und Wasserschlauch ihre Nährstoffversorgung durch den Fang und das Verdauen von Insekten und Kleinstlebewesen auf. Die im Burgwald nachgewiesenen Bestände des Langblättrigen und des Mittleren Sonnentaus gelten als die einzigen in Hessen. Der Wasserschlauch fängt seine Beute mit Hilfe kleiner Fangblasen sogar unter der Wasseroberfläche von Tümpeln und Moorschlenken.

Mittlerer Sonnentau

Zu den charakteristischen Pflanzen der Moore gehören auch die Wollgräser, deren weiße, watteweichen Fruchtstände im Frühsommer größere Flächen überziehen. Mit dem Schmalblättrigen und dem Scheidigen Wollgras finden sich gleich zwei Arten im Burgwald, die in der Roten Liste als gefährdete Pflanzen gelten. Ähnlich wie beim seltenen Fieberklee sorgt ein luftführendes Pflanzengewebe in ihren Stängeln selbst im wassergesättigten Boden für eine Versorgung der Wurzeln mit Sauerstoff.

Eine typische Hochmoor-Art ist die zierliche Moosbeere, die mit ihren fadenförmigen Stängeln die Torfmoosbulte überzieht. Ihre winzigen, ledrig- harten Blätter gelten als Anpassung an die im Moor herrschenden starken Temperaturunterschiede und die zeitweilig eingeschränkte Wasserversorgung. Weitere im Burgwald vorkommende bemerkenswerte Moor- und Sumpfpflanzen sind die in atlantischen Regionen beheimatete Glockenheide, das tiefrot blühende Sumpf-Blutauge oder die bundesweit gefährdete Sumpf-Schlangenwurz, die im Burgwald an mehreren Stellen ausgedehnte Bestände bildet. Als besondere Raritäten gelten Kammfarn und der auch Moorlilie genannte Beinbrech, beides Arten, die hessenweit nur im Burgwald zu finden sind.

Arktische Smaragdlibelle

Auch für einige landes- und bundesweit bedrohte Libellenarten bieten die Gewässer in unseren heimischen Moorgebieten ein wichtiges Refugium. Hier ist besonders die stark gefährdete Arktische Smaragdlibelle zu nennen. Als typische Moorlibelle wachsen ihre Larven gerne in den Schlenken zwischen Torfmoosen auf. Die größten Bestände dieser in unserem Bundesland nur noch in drei Gebieten vorkommenden Art finden sich im Burgwald. Unter den Schmetterlingen profitiert der stark gefährdete Braunfleckige Perlmutterfalter von den im Burgwald befindlichen Vorkommen des Sumpf-Veilchens, von dem sich seine Raupen bevorzugt ernähren.

Aus Gründen des Arten-, Klima- und Hochwasserschutzes gibt es also vielfältige Argumente, sich – weltweit – für den Erhalt und die Regeneration von Moorgebieten einzusetzen. In Kooperation mit der Forstverwaltung bemüht sich die Aktionsgemeinschaft „Rettet den Burgwald“ schon seit vielen Jahren erfolgreich, durch Renaturierungsmaßnahmen  die Moorstandorte im Burgwald zu erweitern und zu stabilisieren.

Fieberklee

Leider werden auch in Deutschland noch immer Moorökosysteme zur Gewinnung von Torf trocken gelegt und abgebaut. Jeder Gartenbesitzer kann durch den Verzicht von torfhaltiger Gartenerde einen Beitrag zum Erhalt dieses einzigartigen Lebensraumes leisten.


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