Amerikanische Kiefernwanze

Tierische Neubürger (Teil 1): Die Amerikanische Kiefernwanze

aus der Serie „Natur vor der Haustür“. Texte & Bilder (c) Lothar Feisel

Kiefernwanze
Kiefernwanze

Während der Großteil unserer Insekten inzwischen unübersehbare Bestandseinbußen verzeichnet, gibt es eine Reihe von Arten, die erst in den letzten Jahren neu bei uns auftreten und unsere heimische Insektenwelt bereichern. Dazu zählen Arten, die aufgrund der Klimaerwärmung auch in ehemals unbesiedelten Gebieten mittlerweile geeignete Lebensbedingungen finden und sich selbsttätig ausbreiten, sowie solche, die vom Menschen z.T. über große Distanzen in neue Regionen verschleppt und unbeabsichtigt verbreitet werden. Zu den letzteren zählt ein auch in Mellnau immer öfter zu findendes Insekt, welches wohl von den meisten zunächst für einen Käfer gehalten wird. Die Rede ist von der Amerikanischen Kiefern- oder Zapfenwanze (Leptoglossus occidentalis), die mit ihrer rötlich-braunen Färbung, einer feinen weißen Zickzacklinie auf den Deckflügeln und einer Körperlänge von bis zu 20 mm eine auffällige Erscheinung darstellt.

 

Aus der neuen in die alte Welt

Wie ihr Name schon sagt, ist die Wanze ursprünglich in Nordamerika beheimatet und wurde erst in 1999 in Europa (Italien) erstmalig nachgewiesen. Zwar gilt die Art als flugfreudig, doch wird ihre Verbreitung durch den internationalen Warenhandel erklärt, bei dem sich den Tieren in transportierten Gütern und in Transport- und Verkehrsmitteln geeignete „Mitreisegelegenheiten“ bieten. In Deutschland wird sie seit 2006 gefunden und besonders der lange und trockene Sommer des letzten Jahres hat ihre Vermehrung hier offenbar sehr begünstigt. Besonders häufig findet man sie bei uns im Herbst, wo die große Wanze auf der Suche nach geschützten Winterquartieren gerne an Hauswänden herumkrabbelt. Dabei verirrt sie sich nicht selten auch in Häuser hinein.

 

Käfer oder Wanze?

Von Käfern unterscheiden sich die Wanzen oft erst auf den zweiten Blick. Zu den auffälligsten Körpermerkmalen zählt ihr Saugrüssel, der in Ruhe auf die Körperunterseite geklappt wird. Mit ihm ernähren sich die Wanzen, indem sie – je nach Art – Pflanzensäfte und/oder Körperflüssigkeiten von Beutetieren saugen. Im Gegensatz zu der stechend-saugenden Nahrungsaufnahme der Wanzen besitzen Käfer für ihre Ernährung kauend-beißende Mundwerkzeuge. Während Käfer ihre Flügel für gewöhnlich unter harten Flügeldecken verbergen, besitzen Wanzen ledrige Flügel mit einem meist gut sichtbaren membranartigen Teil an der Spitze. Ein sicheres Unterscheidungsmerkmal sind auch die vier- bis fünfgliedrigen Fühler der Wanzen, während die Fühler der Käfer 10-12 Glieder aufweisen. Auffällig ist auch der meist eher träge und staksige Gang der Wanzen.

 

Gut oder böse?

Die knapp 900 Wanzenarten in Deutschland bilden eine bedeutende Säule unserer biologischen Vielfalt und stellen ihrerseits für zahlreiche andere Tiere eine wichtige Nahrungsgrundlage dar. Ihr Wert für den Naturhaushalt wird häufig unterschätzt. Ihren eher negativen Ruf haben die Wanzen nur wenigen „schwarzen Schafen“ zu verdanken. Allen voran dürfte dieser auf die ungeliebte Bettwanze zurückzuführen sein, die sich in früheren Zeiten als blutsaugender Parasit in vielen menschlichen Behausungen fand, durch unseren hygienischen Standard heutzutage aber weitgehend ausgerottet ist. Einige an Pflanzen saugende Wanzen gelten in Monokulturen in den Tropen und Subtropen als Schädlinge, in Mitteleuropa dürfte der von ihnen ausgehende wirtschaftliche Schaden hingegen vernachlässigbar sein. Tatsächlich kann man viele räuberische Arten gar als Nützlinge bezeichnen, da sie anderen „Schadinsekten“, wie Blattläusen oder Milben nachstellen und diese dezimieren. „Berüchtigt“ ist hingegen ihr gelegentlich unangenehmer Geruch, der bei einigen Arten durch Wehrsekrete hervorgerufen wird, die Fressfeinde abschrecken sollen. Allerdings treten auch „wohlriechende“ Arten auf, die durchaus angenehme Gerüche nach Pfirsich, Zimt, Marzipan oder, wie bei unserer Amerikanischen Kiefernwanze, nach Apfel verströmen können. Wie die allermeisten Arten ist die Amerikanische Kiefernwanze für Menschen im direkten Kontakt harmlos. Sie saugt für ihre Ernährung an Zapfen, Nadeln, Knospen und Blüten verschiedener Nadelgehölze und ist nicht auf unser Blut aus. Da sie ihre Eier direkt an die Nadeln ihrer Wirtsbäume legt, muss man auch nicht fürchten, dass sich die Tiere im Haus vermehren. In der Wohnung aufgefundene Tiere können einfach behutsam hinausbugsiert und in die Freiheit entlassen werden.

 


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