Die Heuschrecken-Sandwespe
Tierische Neubürger (Teil 4):aus der Serie „Natur vor der Haustür“. Texte & Bilder (c) Lothar Feisel
Während die weitreichenden Auswirkungen des Insektensterbens längst auch in Mellnau und Umgebung beobachtet werden können, gibt es demgegenüber einige Insektenarten, die in den letzten Jahren ihre ursprünglichen Verbreitungsgebiete deutlich ausweiten konnten. Diese vornehmlich wärmeliebenden und meist aus weiter südlich gelegenen Regionen stammenden Arten profitieren vom Klimawandel, der ihnen inzwischen die Besiedlung von vormals ungeeigneten Gebieten ermöglicht. Eine auffällige Art, die neuerdings auch bei uns beobachtet werden kann, ist die Heuschrecken-Sandwespe (Sphex funerarius). Mit einer Körperlänge von bis zu 25mm ist sie die größte einheimische Grabwespe. An ihrer stattlichen Größe, der leuchtend orangenen Färbung auf der vorderen Hälfte des dunklen Hinterleibs, sowie einer hellen Behaarung im „Gesicht“ ist sie leicht zu erkennen.
Manche mögen es heiß…
Sie gilt als wärmeliebende mediterrane Art, die auch schon in früheren Jahrhunderten während klimatischer Warmphasen ihre Verbreitung immer wieder mal bis nach Mitteleuropa und in das südliche Deutschland ausweiten konnte. In Hessen blieb ihr Auftreten dabei jedoch auf vereinzelte Beobachtungen in den sandigen Gebieten südlich des Mains und in der Oberrheinebene beschränkt. Nach 1965 galt die Art in Deutschland allerdings wieder als ausgestorben. Erst in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts konnte sie sich infolge des wärmer werdenden Klimas erneut über die Oberrheinebene ausbreiten, so dass der erste Hessische Neunachweis 1994 im „Griesheimer Sand“ erfolgte. Seitdem konnte eine weitere Ausbreitung der Art in Deutschland beobachtet werden, die über das Rheintal bis 2001 Nordrhein-Westfalen erreichte. Auch über weitere, aus südöstlicher Richtung heranführende Einwanderungskorridore, verbreitete sie sich stetig, so dass schließlich 2019 Erstnachweise der Art auch in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern gelangen. In den letzten vier Jahren haben sich die Fundmeldungen dann deutlich gehäuft, so dass die Heuschrecken-Sandwespe inzwischen in fast allen Bundesländern nachgewiesen wurde.
Heuschrecken-Schreck
Als Lebensraum dieser Art dienen trocken-warme, sandige Biotope. Hier graben die Weibchen etwa 15cm tiefe Gänge in den Boden, an deren Ende mehrere Brutzellen angelegt werden. In diese Zellen werden 3-5 Larven oder Imagines von Heuschrecken und Grillen eingetragen, welche die Weibchen zuvor gejagt und mit einem Stich gelähmt haben. Dabei werden bestimmte Arten von Langfühlerschrecken bevorzugt, so dass die auffallende Arealerweiterung der Sandwespe auch mit einer zunehmenden Verbreitung dieser Haupt-Beutetiere in Verbindung gebracht wird. Die im Vergleich zur Wespe durchaus schwere und große Beute wird von ihr meist laufend zum Nesteingang geschleppt, kleinere „Opfer“ auch mit kurzen „Flugsprüngen“ fortbewegt. Die aus einem an den gelähmten Heuschrecken abgelegten Ei schlüpfende Wespen-Larve ernährt sich schließlich von dem eingetragenen Heuschrecken-Proviant und vollendet gut genährt ihre Entwicklung in der Brutzelle.
Die „ausgewachsenen“ Heuschrecken-Sandwespen leben hingegen vegetarisch und besuchen zur eigenen Ernährung die Blüten von diversen Blumenarten, wo sie sich am Nektar bedienen. Ihre Nachtruhe verbringen die Tiere gerne erhöht auf (trockenen) Blütenköpfen und zeigen dabei eine bemerkenswerte Ortstreue. So konnten im Garten des Verfassers bis zu drei Männchen beobachtet werden, die sich über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen allabendlich auf ein und derselben Pflanze zu einer Schlafgemeinschaft zusammenfanden.
Übrigens: solange man nicht versucht, sie mit der Hand einzufangen, sind diese interessanten und friedliebenden Brummer für Menschen absolut harmlos.