Wer ist der Schönste im ganzen Wald?
aus der Serie „Natur vor der Haustür“. Texte & Bilder (c) Lothar Feisel
Herbstzeit = Pilzzeit
In diesen Wochen sind sie wieder im Burgwald unterwegs: Pilzsammler*innen, die auf ihrer Suche nach schmackhaften Steinpilzen, Pfifferlingen, Maronen und anderen geeigneten Speisepilzen durch Wald und Forst streifen. Doch nicht nur für kulinarisch interessierte Menschen lohnt sich die Pilzsuche im Herbstwald. Auch zahlreiche (Hobby-) Fotografen*innen haben die Pilze als reizvolle Fotomotive für sich entdeckt und machen sich ihrerseits auf die Suche nach den „schönsten“ Exemplaren. Dabei sind die Ansprüche der Naturfotografen*innen an „schöne“ Pilze natürlich gänzlich andere, als die der Hobby-Köche*innen. Es macht freilich einen Unterschied, ob ich einen Pilz in die Pfanne stecken oder auf die Speicherkarte bannen möchte. Wobei sich natürlich mitunter eine Kombination aus beidem anbietet: erst fotografieren und dann essen -sofern es sich um genießbare Arten handelt!
Bitte recht freundlich…
Dabei liegt die besondere Eignung von Pilzen als Fotomotiv auf der Hand: sie nehmen bei Annäherung höchstselten Reißaus, sie verändern ihren Standort nicht und neigen selbst bei stärkeren Luftbewegungen kaum zu Vibrationen, die sich als störende Unschärfe auf dem fertigen Foto widerspiegeln könnten. Und wer tiefer in das Thema Pilzfotografie eintaucht, wird überrascht sein, welch verblüffende Vielfalt an Farben und Formen unsere heimische Pilzwelt das ganze Jahr über zu bieten hat und welch erstaunliche ästhetische Entdeckungen beim genauen Hinschauen gemacht werden können!
Schnell wird man sich seine Lieblingsarten wählen, kann diese Jahr für Jahr an ihren speziellen Standorten aufs Neue aufsuchen und sich irgendwann fragen: welcher Pilz ist eigentlich der Schönste für mich? Bekanntermaßen ist die „Schönheit“, von welchen Objekten auch immer, Ansichtssache. Für viele Naturfotografen ist die Antwort auf die Frage nach dem „schönsten“ Pilz allerdings klar: es ist der Buchen-Schleimrübling (Oudemansiella mucida).
Strahlemann im Buchenwald
Wie sein Name vermuten lässt, besiedelt dieser Pilz in erster Linie abgestorbene Rotbuchen. Mitunter findet er sich in luftiger Höhe im Kronenbereich, manchmal aber auch an niedrigeren Stammpartien oder an bereits umgestürzten Bäumen und abgebrochenen Ästen, so dass er sich leicht mit der Kamera erreichen lässt. Charakteristisch sind die strahlend weißen, durch eine feuchte Schleimschicht auffällig glänzenden Hüte seiner Fruchtkörper, welche einzeln oder in kleinen Büscheln auf dem Holz wachsen. Im rechten Licht betrachtet, erinnern noch junge Hüte unweigerlich an feines Porzellan! Auf ihrer Unterseite finden sich helle, locker angeordnete Lamellen, die durch den leicht transparenten Hut von oben dezent beleuchtet werden. Mit einem Makro-Objektiv und einem entsprechenden Abbildungsmaßstab, lassen sich diese Lamellen bei einem Blick unter den Hut auf ihre grafische Wirkung reduzieren und geradezu abstrakte Darstellungen schaffen.
Der Buchen-Schleimrübling gilt als Charakterart naturnaher Buchenwälder, in denen noch alte Bäume und reichlich Totholz vorhanden sind. Als Speisepilz eignet er sich allerdings kaum. In Hessen gilt die Art laut Roter Liste als „gefährdet“. Mit etwas Glück findet man einige Exemplare im Wald unterhalb des Haingartens am Rande von Mellnau. Aber auch viele andere Pilzarten lohnen einen Blick durch den Kamerasucher und lassen sich fotografisch spannend in Szene setzen. Man denke z.B. an den auffälligen Fliegenpilz oder die unverkennbar „duftende“ Stinkmorchel. Probieren Sie es einfach mal aus!
Mehr Pilzportraits gibt es auf: www.ag-burgwald.de
Lothar Feisel
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