Vitaminbomben und Brechmittel – Beerensträucher im Burgwald
aus der Serie „Natur vor der Haustür“. Texte & Bilder (c) Lothar Feisel
Für Burgwald-Besucher sind die niedrigen Sträucher der weit verbreiteten Blau- oder Heidelbeere (Vaccinium myrtillus) ein vertrauter Anblick. Besonders in den Nadelholz-Forsten bedecken sie vielerorts fast flächendeckend den Waldboden. Trotz Warnungen vor Fuchsbandwurm und Zeckenplage dienen ihre kleinen dunkelblauen Beeren im Juni und Juli für zahlreiche Wanderer und Spaziergänger als kleiner, vitamin- und zuckerhaltiger „Snack“ zwischendurch oder werden für die Herstellung von Marmelade auch heute noch in größeren Mengen abgesammelt.
Doch neben der „Allerweltsart“ Blaubeere kommen im Burgwald einige weitere, ungleich seltenere und weniger bekannte Beerensträucher vor.
Sauer und gesund
Bei Hobby-Köchen und Gourmets beliebt sind die roten Beeren der Preiselbeere (Vaccinium vitis-idea). Als Marmelade oder Beilage zu Schnitzel- und Wildgerichten werden diese stark Vitamin C -haltigen Früchte in so mancher Küche sehr geschätzt und daher seit langem auch kultiviert. Die kleinen Beeren wachsen an einem wintergrünen, zu den Heidelbeergewächsen zählenden Zwergstrauch, der sich an mehreren Stellen im Burgwald findet. Er gedeiht sowohl in feuchten Moorbereichen als auch in trockenen, lichten Kiefernforsten. Dabei werden zwar örtlich dichte Bestände gebildet, die allerdings meist nur kleinere Flächen einnehmen. Ein interessantes Bild bieten die niedrigen, eher unauffälligen Sträucher im August, wenn unmittelbar neben bereits reifen Beeren noch zarte weiße Blüten blühen.
In der Roten Liste Hessens wird die Preiselbeere als gefährdete Art bezeichnet.
Seltener Winzling
Noch leichter zu übersehen ist die Gewöhnliche Moosbeere (Vaccinium oxycoccos), für welche die Bezeichnung Zwergstrauch absolut zutreffend ist.
Diese ebenfalls zu den Heidekrautgewächsen gehörende Pflanze gilt als typische Hochmoor-Art. Mit ihren kriechenden, filigranen, bis zu 80 cm langen Stängeln überzieht diese seltene Pflanze an wenigen Stellen im Burgwald die Torfmoos-Bulte der Moorbereiche mit einem dichten Geflecht. Am Ende der Triebe sitzen zarte rosa Blüten auf dünnen rötlichen Stielen. Sie blühen im Frühsommer und werden hauptsächlich von Insekten bestäubt. Aus ihnen entwickeln sich schließlich rundliche, gelbrote bis rote Beeren, die bis über 1cm im Durchmesser groß werden. Die reichlich Vitamin C enthaltenden Beeren überdauern den Winter und schmecken erst, nachdem sie einmal Frost abbekommen haben. Für Vögel sind sie als Nahrung von Bedeutung, sie sorgen auch für die Verbreitung der Art.
Auch die Moosbeere wird in der Roten Liste Hessens als gefährdete Art geführt, in einzelnen Regionen unseres Bundeslandes liegt der Gefährdungsgrad allerdings noch höher.
Naschen verboten
Nicht nur „Eingeweihten“ ist schon lange bekannt, dass der Burgwald so manche Kostbarkeit aus der Tier- und Pflanzenwelt in sich birgt. Nach wie vor kann man so manche Überraschung in ihm erleben, was sich wieder zeigte, als vor wenigen Jahren ein bis dahin für den Burgwald unbekannter Beerenstrauch vom Autor erstmals entdeckt werden konnte. Die Rauschbeere (Vaccinium uliginosum), die in einem kleinen aber vitalen Bestand im Bereich des zentralen Burgwalds gefunden wurde, war in Hessen bislang nur aus dem Vogelsberg, dem Reinhardswald und der Rhön bekannt. Dieser enge und sehr ähnliche Verwandte der häufigen Heidelbeere gilt als seltene Hochmoor-Art und findet sich dementsprechend auf feuchten, nährstoffarmen, sauer-humosen Torfböden in moorigen Wäldern und Zwergstrauchheiden. Die Rauschbeeren sehen den Blaubeeren zum Verwechseln ähnlich, allerdings beinhalten sie nicht den typischen stark färbenden Blaubeersaft, ihr Fruchtsaft hingegen ist farblos. Wie der Pflanzenname schon andeutet, gelten die Rauschbeeren als giftig und verursachen bei übermäßigem Verzehr angeblich Übelkeit, Erbrechen und Benommenheit.
Durch den Mangel an geeigneten Lebensräumen gilt diese Art in der Roten Liste Hessens als extrem selten! Für weite Teile Hessens wird sie gar schon als ausgestorben eingestuft.
Da die drei letztgenannten Arten zu den Seltenheiten unserer heimischen Pflanzenwelt gezählt werden, sollten sie generell geschont und nicht besammelt werden.
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