Die Südliche Eichenschrecke

Tierische Neubürger – (Teil 2): Die Südliche Eichenschrecke

aus der Serie „Natur vor der Haustür“. Texte & Bilder (c) Lothar Feisel

 

Die Südliche Eichenschrecke

Neben vielen anderen Tiergruppen zeigt sich auch bei unseren Heuschrecken in den letzten Jahrzehnten eine zunehmende Dynamik in der Entwicklung ihrer Vorkommen. Während besonders die auf bestimmte Biotope festgelegten Spezialisten unter ihnen durch den fortschreitenden Verlust geeigneter Lebensräume weiter dezimiert und in ihren Beständen gefährdet werden, breiten sich demgegenüber etliche wärmeliebende Arten zunehmend aus und besiedeln für sie neue Gebiete. Der Klimawandel fördert die Verbreitung dieser Arten, indem er die Lebensbedingungen in zuvor klimatisch weniger geeigneten Regionen verbessert. Die Rasanz, mit der sich manche selbst weniger flugfreudigen Arten derzeit ausbreiten, ist allerdings ohne die direkte „Mithilfe“ durch den Menschen kaum möglich.

Eine interessante Art, die von der Mobilität der Menschen bei der Ausdehnung ihrer Verbreitungsgebiete profitiert, ist die Südliche Eichenschrecke (Meconema meridionale).

 

Aus dem sonnigen Süden

Diese zarte, hellgrüne Heuschrecke ist ursprünglich in Italien und den daran angrenzenden Regionen in Südeuropa beheimatet und wurde erst in den 60er Jahren auch in Südwest-Deutschland nachgewiesen. Durch den klimatisch begünstigten Oberrheingraben erfolgte die weitere Besiedlung des Landes in nördlicher und östlicher Richtung. Erstfunde der Art erfolgten 1985 in Hessen, 1991 in NRW, in Niedersachsen und Berlin in 2007. In Hessen ist seit der Jahrtausendwende eine deutliche Ausbreitung zu verzeichnen, erste Nachweise aus Osthessen sind allerdings erst seit 2017 bekannt. Inzwischen kann man die Art selbst an der Nord- und Ostseeküste finden und an vielen wärmebegünstigten Orten hat sie sich offenbar fest etabliert.

 

Ein echter „Trittbrettfahrer“

Die Südliche Eichenschrecke

Bei uns fühlen sich die Tiere häufig in Städten und menschlichen Siedlungen mit ihren höheren Durchschnittstemperaturen besonders wohl und finden sich hier in Parkanlagen und Gärten oder an begrünten Hausfassaden. Ihre Vorliebe für eine warme Umgebungstemperatur führt auch dazu, dass man die Tiere gelegentlich auf und an Kraftfahrzeugen entdecken kann. Offenbar werden sie von der Wärmeabstrahlung von abgestellten Fahrzeugmotoren ebenso angezogen, wie von den höheren Temperaturen auf der Oberfläche von in der Sonne geparkten Karossen. Werden die Fahrzeuge dann in Gang gesetzt, versuchen sich die Tiere nicht etwa mit einem rettenden Sprung in Sicherheit zu bringen, sondern krallen sich an ihrer Unterlage fest. Selbst an glatten Oberflächen finden ihre mehrgliedrigen Füße noch Halt. Es wurden schon Südliche Eichenschrecken an fahrenden Autos beobachtet, die noch bei Geschwindigkeiten von deutlich über 100km/h dem Fahrtwind trotzen und sich an vermeintlich rutschigen Unterlagen festhalten konnten. Auf diese Weise können die kaum 2 cm messenden Tiere in kürzester Zeit enorme Distanzen überbrücken. Um eine vergleichbare Ausbreitung auf natürliche Weise, sozusagen aus eigener Kraft zu schaffen, würde die Art ungleich längere Zeiträume, vielleicht etliche Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte, benötigen.

 

Nächtlicher Besucher

Mit ihren verkürzten, nur schuppenförmig vorhandenen Flügelchen sind die Tiere nicht in der Lage sich fliegend fortzubewegen, allerdings besitzen sie ein hervorragendes Sprungvermögen. Wie ihre häufiger zu findende Verwandte, die Gemeine Eichenschrecke, lebt die Südliche Eichenschrecke auf verschiedenen Baum- und Straucharten. Auf der Suche nach einem warmen Unterschlupf geraten die nachtaktiven Kletterkünstler besonders am Ende des Sommers nicht selten durch geöffnete Fenster auch in Häuser und Wohnungen. Entgegen dem allgemein eher schlechten Image von Heuschrecken als gefräßige „Schädlinge“, können die für Menschen völlig harmlosen Hüpfer sogar als „Nützlinge“ bezeichnet werden. Sie ernähren sich ausschließlich von Blattläusen, kleinen Raupen und anderen Insekten.    

Über Fundmeldungen, idealerweise in Verbindung mit aussagekräftigen Belegfotos, freut sich der Autor.

 


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