Mehr Schutz für Pflanzen und Tiere

Mehr Schutz für Pflanzen und Tiere

aus der Serie „Natur vor der Haustür“. Texte & Bilder (c) Lothar Feisel

 

Schild Naturschutzgebiet

In den letzten Wochen wurde in diversen regionalen Printmedien darüber berichtet und aufmerksame Burgwaldbesucher*innen haben vielleicht schon die dazugehörigen neuen Beschilderungen entdeckt: die Naturschutzgebiete im Burgwald wurden vergrößert.

Die Naturschutzgebiete (NSG) des Burgwalds umfassen vor allem die Moor- und Sumpfgebiete in den von kleinen Bachläufen durchzogenen Tal- und Senkenlagen, sowie die sich anschließenden, häufig nassen Grünland- und Waldbereiche. In einigen Schutzgebieten liegen zudem kleinere und größere Wasserflächen oder auch ausgedehntere Waldbereiche, in den die Täler umgebenden Hanglagen. Bei der ursprünglichen Abgrenzung der NSG-Flächen hat man sich in den 70er- und 80er-Jahren, der Einfachheit halber, mancherorts an den forstlichen Abteilungsgrenzen orientiert, weniger an der naturschutzfachlichen Sinnhaftigkeit. Zudem sind einige Moorflächen seinerzeit noch gar nicht als solche identifiziert worden. Weitere große schützenswerte Flächen lagen daher bislang noch außerhalb dieser z.T. etwas willkürlich festgelegten Schutzgebietsgrenzen.

Die Aktionsgemeinschaft „Rettet den Burgwald“ e.V. bemühte sich schon lange um eine Erweiterung der NSGs, bei welcher auch die angrenzenden wertvollen Flächen einbezogen werden sollten. Der ehemalige langjährige erste Vorsitzende der Aktionsgemeinschaft Helmut Jesberg erfasste in jahrelanger bodenkundlicher Feldarbeit vorhandene und ehemalige, vielfach entwässerte und aufgeforstete Moorflächen und Torflager. In detaillierte Karten eingezeichnet, bildete diese Arbeit die Grundlage für Renaturierungsmaßnahmen und lieferte Argumente für weitere Schutzgebietsausweisungen.

Neue Dynamik bekamen die Bemühungen um die NSG-Erweiterungen durch die umfangreichen moorkundlichen Untersuchungen, die in den Jahren 2016-2018 im Auftrag der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt und HessenForst im Burgwald durchgeführt wurden. Deren Ergebnisse unterstrichen erneut die überregionale Bedeutung der Burgwaldmoore und lokalisierten zahlreiche weitere schützenswerte Areale. Von der Aktionsgemeinschaft „Rettet den Burgwald“ und von Seiten des Forstamtes Burgwald waren zudem in den vergangenen Jahren verschiedene Renaturierungsmaßnahmen durchgeführt, wertvolle Biotope angelegt und Moorbereiche revitalisiert worden.

Um diese naturschutzfachlich hochwertigen Flächen dauerhaft zu schützen, hat die Aktionsgemeinschaft in 2019 sowohl die Erweiterung der bestehenden Naturschutzgebiete „Krämersgrund“, „Christenberger Talgrund“, „Franzosenwiesen und Rotes Wasser“, „Nebeler Hintersprung“ und „Langer Grund bei Schönstadt“, als auch eine Neuausweisungen von weiteren Gebieten bei der Oberen Naturschutzbehörde beim RP Giessen beantragt.

Im Auftrag der Aktionsgemeinschaft und in enger Absprache mit dem Forstamt Burgwald, wurden die neuen Abgrenzungen der NSG-Erweiterungen durch den Diplom-Biologen und Moorspezialisten Philipp Küchler im Gelände erarbeitet und akribisch geplant.

 

Was lange währt…

Nach einem aufwändigen Genehmigungsprozess wurden die Neuabgrenzungen der Schutzgebiete schließlich im April dieses Jahres rechtskräftig. Die meisten Vorschläge der Aktionsgemeinschaft konnten bei der Neufestlegung der Grenzen berücksichtigt werden, so dass die Flächen der einzelnen Schutzgebiete folgendermaßen vergrößert werden konnten:

  • NSG „Franzosenwiesen/Rotes Wasser“: Erweiterung von 105 auf 202,89 ha. Neben der Einbeziehung weiterer Talzüge und Moorbereiche vor allem im westlichen und südlichen Bereich, werden auch größere Waldflächen, die an den wertvollsten mittleren Teil des NSG angrenzen, mit eingeschlossen.
  • NSG „Christenberger Talgrund“: Erweiterung von 70 auf 116,64 ha. In das NSG wird vor allem der nach Westen verlaufende restliche Talzug bis zum Waldrand einbezogen. Weitere Flächen werden am südöstlichen NSG-Ende im Bereich des Mellnauer Kreuzes ergänzt.
  • NSG „Langer Grund bei Schönstadt“: Erweiterung von 29 auf 49,61 ha. Hier wird das nach Westen ragende Seitental „Himmerich“ mit seinen wertvollen Moorbereichen und einigen umgebenden Laub- und Mischwaldflächen in das NSG einbezogen.
  • NSG „Diebskeller/Landgrafenborn“ und NSG „Nebeler Hintersprung“: die beiden NGSs mit insgesamt 42 ha werden mit einer Verbindung durch das Hungertal zusammengefasst und bilden das „neue“ NSG „Diebskeller und Nebeler Hintersprung“ mit 48,72 ha.
  • NSG „Krämersgrund/Konventswiesen“: Erweiterung von 9,8 ha auf 12,63 ha (bereits in 2020 erfolgt).  Mit der Erweiterung wird die wertvolle, sich im Süden anschließende Orchideenwiese unter den notwendigen Schutz gestellt.
  • NSG „Christenberg“: Während des Genehmigungsverfahrens für die o.g. NSGs ergab sich die Möglichkeit, auch das Schutzgebiet „Christenberg“ um weitere wertvolle Flächen von 22,76 ha auf 25,79 ha zu erweitern. So konnte der gesamte Talzug des Thalhauser Grundes nach Westen bis zum Waldrand nahe Münchhausen unter Schutz gestellt werden. Auch die ehemalige Fischzuchtanlage kann mit ihren Wasserflächen renaturiert und in das NSG integriert werden. Dass dabei das kulturhistorisch interessante, zur Anlage gehörende Wirtschaftsgebäude wegen Baufälligkeit nicht erhalten werden konnte, ist allerdings sehr bedauerlich.

 

Weitere Flächen in Planung

Ein von der Aktionsgemeinschaft angelegter Teich ist nun Teil des NSG Franzosenwiesen

Bislang noch nicht als NSG ausgewiesen wurden die von der Aktionsgemeinschaft ebenfalls beantragten Flächen „Salzgraben“ und „Müllerssohl/ Lippersbach“, beide in der Nähe von Münchhausen gelegen. Im oberen Lippersbach befindet sich das ca. 7000m² große Quellmoor „Müllerssohl“, welches ungewöhnlich hohe Torfmächtigkeiten aufweist. Ihre Stärke beträgt stellenweise mehr als 150 cm. Bereits Anfang 2018 wurde hier der bislang auf der Moorfläche stockende Fichten- und Kiefernaufwuchs durch HessenForst geräumt, um die Wasserversorgung des Moores zu verbessern. Im Rahmen der geplanten Erstausweisung der genannten Gebiete müssen zunächst noch weitere Vorarbeiten, wie Kartierungen, erfolgen. Die Aktionsgemeinschaft wird den Verlauf der Unterschutzstellung weiter verfolgen und vorantreiben.

Auch ohne diese beiden ausstehenden Bereiche hat sich die Naturschutzfläche im Burgwald mit den oben aufgeführten Erweiterungen um fast stolze 178 Hektar vergrößert, was für die betreffenden NSGs einen Flächenzuwachs von insgesamt knapp 64% darstellt! Der hohe naturschutzfachliche Stellenwert des Burgwalds mit seinen zahlreichen seltenen Arten wird damit erneut verdeutlicht und gewürdigt. Alle, die sich dem Burgwald mit seiner besonderen Tier- und Pflanzenwelt verbunden fühlen, dürfen sich über die neuen Schutzgebiete freuen. Wir bitten alle Besucherinnen und Besucher des Burgwalds die neuen NSG-Grenzen zu beachten und zum Schutze der Tier- und Pflanzenwelt generell diese Gebiete nicht zu betreten.


Bitte beachten Sie, dass alle Texte und Fotos in der Rubrik „Natur vor der Haustür“ urheberrechtlich geschützt sind.
Die Verwendung ist nur  für private Zwecke gestattet!