Das Naturschutzgebiet „Sandsteinbruch am Hollenberg“ – vom Abbaubetrieb zum Naturjuwel
aus der Serie „Natur vor der Haustür“. Texte & Bilder (c) Lothar Feisel
Wer die Kreisstraße von Unterrosphe Richtung Oberrosphe befährt, erkennt nahe des nördlichen Ortsrandes von Unterrosphe die helle Sandsteinwand der ehemaligen „Sandgrube“ durch die Bäume leuchten.
Noch bis Anfang der 90er Jahre in Betrieb, wurde der Steinbruch 1998 zum Naturschutzgebiet erklärt. Mit nur knapp 5 ha Fläche ist das NSG „Sandsteinbruch am Hollenberg“, wie seine offizielle Bezeichnung lautet, das kleinste der zehn im Bereich des Burgwaldes befindlichen Naturschutzgebiete. Durch seine besondere Ausstattung mit einem kleinräumigen Mosaik aus vielen unterschiedlichen, teilweise regional ansonsten nur selten vorkommenden Lebensräumen, bietet der ehemalige Steinbruch heute einer Vielzahl gefährdeter Tier- und Pflanzenarten eine sichere Heimat.
Seltenheiten zu Lande, zu Wasser und in der Luft
Der auffälligste Bestandteil des Schutzgebietes ist sicherlich die ca. 270m lange und bis zu 30m hohe, nach Südwesten ausgerichtete Steilwand. Ihre Felswände bieten mit zahlreichen Nischen und Vorsprüngen einen idealen Brutplatz für den Uhu. Trotz sich allmählich erholender Bestände, gehört unsere größte Eulen-Art noch immer zu den Raritäten unserer heimischen Vogelwelt. Hier im Steinbruch können seit Jahren erfolgreiche Bruten der imposanten Tiere nachgewiesen werden.
Über den Grund des Steinbruchs verteilen sich zahlreiche größere und kleinere Stillgewässer, die teilweise periodisch trocken fallen. Einige davon wurden erst in jüngerer Zeit im Rahmen von Pflegemaßnahmen neu angelegt. Neben verschiedenen Wasser- und Uferpflanzen, wie dem fleischfressenden Wasserschlauch, bieten diese in Kombination mit den angrenzenden sandigen Randbereichen einer Reihe Amphibien optimale Entwicklungsbedingungen. Dazu zählen auch seltene Arten, so wurden die in Hessen als stark gefährdet bezeichneten Kreuz- und Geburtshelferkröten hier ebenso nachgewiesen wie der Kammmolch. Weiterhin finden sich diverse Libellenarten an den relativ windgeschützten Gewässern ein, wie z.B. verschiedene Heidelibellenarten oder auch die als Pionierart geltende Kleine Pechlibelle, die in Hessen ebenfalls als stark gefährdet gilt.
Kleinere Fels- und Geröllhalden bieten ein Refugium für wärmeliebende Reptilien wie Wald- und Zauneidechse und halten mit ihren zahllosen Hohlräumen zudem geeignete Überwinterungsquartiere für die Amphibien bereit.
Domizil für Bärlappe
Neben Flächen mit größeren und kleineren Gehölzen, Abbruchkanten an Grabungsbereichen und unterschiedlich dimensionierten Abraumhalden sind es vor allem die offenen, relativ unbewachsenen Bodenareale, welche dieses Schutzgebiet besonders wertvoll machen. Auf diesen nährstoffarmen Sand- und Felsböden sind es zunächst nur die anspruchslosen Moose und Flechten, die hier Fuß fassen können. Wo eine dauerhaft hohe Bodenfeuchtigkeit herrscht, findet der seltene Sumpf-Bärlapp einen optimalen Standort. Diese, in Hessen aktuell nur von 6-7 Wuchsorten bekannte, relativ konkurrenzschwache Pionierart, hat hier im Steinbruch einen ausgedehnten Bestand entwickelt. Es handelt sich dabei um den größten in ganz Hessen (FENA 2009). Am Übergang vom offenen zum bewaldeten Bereich lassen sich zudem einzelne Exemplare des verwandten Tannen-Bärlapps finden. Wie der Tannen-Bärlapp wird auch der Keulen-Bärlapp in Hessen zu den gefährdeten Arten gezählt. Letztere Art besiedelt mit ihren auffällig gestielten Sporenträgern im südlichen Bereich der Sandgrube die Waldareale fast flächendeckend. Im Bereich des Burgwaldes dürfte es sich dabei um den ausgedehntesten Bestand der Art handeln. Mit einem kleinen Vorkommen des Sprossenden Bärlapps trifft man sogar eine vierte Art aus dieser als lebende Fossilien bezeichneten Pflanzensippe im Schutzgebiet an.
Neben selteneren Gräser-Arten zählt weiterhin das Kleine Wintergrün zu den im NSG vorkommenden floristischen Besonderheiten.
Pflege tut Not
Um den besonderen Charakter des Sandsteinbruches mit seinen speziellen Lebensräumen zu erhalten sind regelmäßige Pflegemaßnahmen notwendig. So müssen die sich im Laufe der natürlichen Sukzession ausbreitenden Gehölze entnommen werden, um das allmähliche Zuwachsen der offenen Bodenflächen und Uferbereiche zu verhindern. Um die sandigen Rohböden zu erhalten, ist es zudem nötig, die Bodenauflage in regelmäßigen Abständen zumindest teilweise freizulegen. Dabei ist mitunter der Einsatz von schwerem Gerät erforderlich, was zwar zunächst destruktiv anmutet, aber vor allem für Pionierarten wieder neue Ausbreitungsmöglichkeiten erschafft. Auch Kleingewässer entstehen dabei neu.
Sein heutiges Gepräge verdankt das Schutzgebiet aber nicht nur diesen umfangreichen, von Behördenseite initiierten Pflegemaßnahmen. Besonders dem regelmäßigen Einsatz des zuständigen Revierförsters Norbert Wegener mit seiner engagierten Waldjugend-Gruppe ist es zu verdanken, dass sich der Sandsteinbruch im Laufe der Jahre zu einem wahren Schatzkästlein für unsere Tier- und Pflanzenwelt entwickeln konnte.
Schonung muss sein!
Um die störungsfreie Brut des Uhus zu gewährleisten und die ausgesprochen trittempfindliche Vegetation zu erhalten, ist es nicht erlaubt, das Schutzgebiet auf eigene Faust zu betreten. Am südwestlichen Rand des Areals befindet sich jedoch in erhöhter Lage ein Aussichtspunkt, der einen sehr guten Ein- und Überblick erlaubt.
Wer sich vor Ort unter fachkundiger Führung informieren möchte, dem sei die von der Aktionsgemeinschaft „Rettet den Burgwald“ angebotene Exkursion mit Revierförster Norbert Wegener empfohlen. Sie findet am 13.8.17 um 10:00 Uhr statt und startet am Sportplatz Unterrosphe.
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