Zuckerwatte im Wald

Wie kommt die Zuckerwatte in den Wald?

aus der Serie „Natur vor der Haustür“. Texte & Bilder (c) Lothar Feisel

 

Haareis

Aufmerksame Waldbesucher können an schneefreien Wintertagen mit etwas Glück ein recht seltenes Naturphänomen entdecken.

Was auf den ersten Blick wie Zuckerwatte manche am Waldboden liegenden Äste an bestimmten Stellen bedeckt, könnte man zunächst für einen filigranen Baumpilz halten. Bei genauerer Betrachtung und nimmt man Teile dieser Gebilde in die Hand, erkennt man schnell, dass es sich tatsächlich um lange, dünne Eisnadeln handelt, die von der warmen menschlichen Haut rasch zum Schmelzen gebracht werden. Wie weiße, feine Haarlocken „sprießen“ sie offenbar direkt aus dem toten Holz, besonders dort, wo sich die Rinde bereits vom abgestorbenen Holz gelöst hat. Dieses Phänomen trägt den treffenden Namen Haareis, gelegentlich auch Eiswatte oder Eiswolle genannt.

Das Haareis „wächst“ nur unter ganz speziellen Witterungsbedingungen bei einer Temperatur von wenig unter 0 Grad, hoher Luftfeuchtigkeit und Windstille und kann bis zu 10 cm lange Eisnadeln hervorbringen. Über seine Entstehung wurde lange spekuliert, meist wurde sie mit speziellen physikalischen Vorgängen im mit Wasser getränkten Totholz erklärt. Inzwischen ist erwiesen, dass bei der Haareis-Bildung bestimmte Totholz bewohnende Pilze mitwirken, die im Winter noch „aktiv“ sind. Mit ihrem Stoffwechsel produzieren diese Pilze u.a. CO2. Der entstehende Gasdruck wird als treibende Kraft angesehen, welche Wasser aus dem Holzinneren durch feine Kanäle nach außen fördert. An der Holzoberfläche gefriert das Wasser und während ständig weiter Wasser nachgepresst wird, wachsen schließlich längliche Eisnadeln. Chemische Bestandteile aus der Stoffwechselproduktion des Pilzes beeinflussen zudem die Kristallisation des Eises und sorgen für eine gewisse Stabilisierung bei der Haareis-Bildung.

Da sich die Pilze nicht in sämtlichen Totholzstücken finden, liefert dies eine Erklärung dafür, dass dieses Phänomen nur vereinzelt und nicht überall an toten Ästen auftritt. Dabei werden auch nur Laubhölzer, vorwiegend Buchenholz, vom Haareis „befallen“.

Letztendlich bleiben noch viel Fragen zum Entstehungsprozess des Haareises offen, für die die Wissenschaft bislang noch keine allumfassenden Erklärungen gefunden hat.

 


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